USA Südwesten

Coyote Gulch: Morgengold, Wasserfälle & Wildnis-Wellness

Die erste Nacht im Zelt war – na ja – sagen wir mal: akzeptabel. Man muss sich ja erst mal an die neue Geräuschkulisse gewöhnen. Das leise Plätschern des nahen Baches war zum Glück ziemlich beruhigend und hat mich zuverlässig in den Schlaf gegluckert, wann immer ich nachts kurz aufgewacht bin.

Immerhin: Gegen 6:00 Uhr sind wir beide halbwegs ausgeschlafen – oder zumindest so wach, wie man das nach der ersten Nacht unter freiem Himmel eben sein kann. Die Vögel geben jedenfalls ihr Bestes, uns mit enthusiastischem Gezwitscher auf den Tag einzustimmen.

Der Morgen beginnt mit einem kleinen Abenteuer der besonderen Art: das Thema Backcountry-Toilette. Für das große Geschäft müssen heute zum ersten Mal die mitgebrachten „Toilettenbeutel“ zum Einsatz kommen (der charmante Fachbegriff lautet WAG-Bags – „Waste Alleviating Gel Bags“). Ein durchaus gewöhnungsbedürftiger Vorgang – aber immerhin hinterlässt man so keine Spuren in dieser wunderbaren Landschaft. Leave no trace – ist zwar nicht immer angenehm, aber sinnvoll.

Zurück in unserer kleinen Freiluftküche bestaunen wir erneut das kulinarische Improvisationstalent unserer Guides. Es gibt Bagels mit Cream Cheese, knusprigem Speck und Rührei – serviert vor der spektakulären Kulisse des Jacob Hamblin Arch.

Als sich die Sonne durch das Felsenfenster schiebt und den Arch in ein goldenes Licht taucht, lassen alle kurz das Frühstück stehen und greifen zur Kamera. Ein echter Gänsehautmoment.

Frisch gestärkt filtern wir noch etwas Wasser aus dem Bach, um unsere Flaschen für den Tag zu füllen, dann heißt es Zelte abbauen, alles sorgfältig in den Rucksäcken verstauen.

Während Andrea und Maddi noch damit beschäftigt sind, das Gepäck zu verstauen, bleibt für uns reichlich Zeit, diesen magischen Ort fotografisch noch einmal festzuhalten. Das sanfte Morgenlicht bringt neue Farben und Schatten zum Vorschein, die den Arch fast noch beeindruckender wirken lassen als am Vorabend.

Und auch als wir schließlich gegen 9:30 Uhr aufbrechen, bietet sich beim Rückblick nochmal ein ganz neues Spiel aus Licht, Tiefe und Perspektive – Kamera zücken, weiter geht’s.

Für heute steht eine eher gemütliche Etappe von etwa 6 Meilen auf dem Programm – mit reichlich Zeit für Pausen, Fotos, kleine Klettereien und Naturgenuss. Der Weg schlängelt sich weiter durch die Coyote Gulch, begleitet vom leisen Gluckern des Wassers, das immer wieder gequert werden muss. Überall sprießt das Grün, und die dramatischen Sandsteinwände türmen sich links und rechts in den Himmel.

Ein Highlight jagt das nächste: An einem kleinen Wasserfall machen wir eine ausgiebige Pause – inklusive Badespaß! Der Ort heißt nicht umsonst Swiss Cheese Falls: Das Wasser plätschert durch poröse Felsformationen in einen glasklaren Pool – eine wilde, natürliche Badewanne mitten im Nirgendwo. Unbezahlbar.

Danach kommt die Natural Bridge in Sicht, und natürlich gibt’s auch hier wieder einen Fotostopp.

Zum Lunch servieren Andrea und Maddi Chicken-Burritos mit Käse – simpel, aber fantastisch in dieser Umgebung. Während Andreas, Bernie und Kathleen danach noch mit Andrea zu einem Aussichtspunkt mit alten Petroglyphen aufsteigen, lassen wir anderen drei uns die Sonne ins Gesicht scheinen. Jeder wie er mag.

Nicht weit entfernt wartet der nächste Höhepunkt: der Cliff Arch – der Bernies Meinung nach eher den Namen „Elephant Arch“ verdient hätte. Wir lassen unsere Rucksäcke unten stehen und kraxeln ein kurzes Stück hinauf. Lohnt sich! Der Anblick ist beeindruckend – ein massiver Steinbogen, wie von einem Riesen mit einem ausgeprägten Sinn für Symmetrie gemeißelt.

Und auch der nächste Spot sorgt für Begeisterung: ein paar hübsche Kaskaden - wild und voller Leben. Bernie springt spontan ins Wasser und sorgt für allgemeine Erheiterung. Hier ist dann auch ein bisschen Kraxelei erforderlich um weiterzukommen – Abenteuergefühl inklusive.

Hinter der nächsten Kurve liegt schließlich unser Nachtlager: ein wunderbar geschützter Platz in einem Felsalkoven, der fast wie eine natürliche Höhle wirkt. Ankommen, Rucksäcke absetzen, Füße vertreten, tief durchatmen.

Während ein Teil der Gruppe – die unermüdlichen Abenteurer – noch einen kleinen Abstecher zu einem weiteren Arch unternimmt, bleibe ich mit Maddi im Camp. Wir steigen stattdessen in einen grün schimmernden Pool direkt vor unserem Zeltplatz – eine wahre Wildnis-Wellness-Oase. Herrlich erfrischend nach dem Tag auf den Beinen.

Danach wird wieder Wasser gefiltert, Zelte aufgebaut, Schlafsäcke ausgerollt. Heute läuft alles schon etwas routinierter – fast wie alte Hasen.

Als die anderen zurückkehren, nutzen wir alle noch einmal die Gelegenheit zur Abkühlung.

Dann ist es Zeit fürs Abendessen: Jeder hat sich im Vorfeld ein Gericht ausgesucht, das in getrockneter Form im Rucksack mitgeschleppt wurde – um Gewicht zu sparen, versteht sich. Mit heißem Wasser aufgegossen und ein paar Minuten quellen gelassen, verwandeln sich die Päckchen in erstaunlich leckere Mahlzeiten.

Ich habe Teriyaki Chicken mit Reis gewählt, Andreas die Pasta Alfredo. Mit Blick auf den plätschernden Bach, eingerahmt von roten Felswänden und unter dem langsam dunkler werdenden Himmel, schmeckt das einfache Essen erstaunlich gut – vielleicht nicht wegen der Haute Cuisine, sondern wegen all der Magie, die in diesem Moment mitschwingt.

Der Abend klingt gemütlich aus – wir plaudern noch eine Weile, lassen den Tag Revue passieren und verkrümeln uns gegen 20:30 Uhr in die Zelte.

Doch an Schlaf ist nicht sofort zu denken: Die Frösche haben heute Abend offenbar Karaoke-Nacht. Ihr Konzert hallt bis weit nach 23:00 Uhr zwischen den Felswänden wider – da wären die zu Beginn der Tour angebotenen Ohrstöpsel vielleicht doch keine so schlechte Idee gewesen…

Gute Nacht aus dem Alkoven!