USA Südwesten

St. George: Eiskalte Füße & Eine neugierige Schildkröte

Nach dem guten Essen gestern schlafen wir, bis der Wecker klingelt. Andreas hat heute aber überhaupt keine Lust, laufen zu gehen – also bleiben wir einfach noch eine Weile gemütlich im Bett liegen. Frühstück gibt es ohnehin erst um 8:00 Uhr.

Auch heute wieder recht gut und gesund: viel Obst für mich, Andreas greift lieber zu den etwas deftigeren Optionen.

Wir packen unsere Sachen zusammen, achten darauf, dass wir auch unser im Vorfeld online gekauftes und ausgedrucktes Permit für die Kanarra-Creek-Wanderung nicht vergessen, und fahren gegen 8:40 Uhr los.

Die Straße führt stetig bergauf, und je näher wir dem Ausgangspunkt kommen, desto dichter ziehen sich die Wolken zusammen.

Auf den umliegenden Bergspitzen liegt frischer Schnee, und wir fragen uns, ob wir für die Wanderung warm genug angezogen sind.

Auf dem Parkplatz angekommen, herrscht schon ordentlich Betrieb. Andere Besucher, die leicht schlotternd mit ihren kurzen Klamotten ähnlich von den Temperaturen überrascht sind, hüllen sich noch schnell in dicke Jacken.

Jacken haben wir keine dabei – aber Glück im Unglück: Im Auto liegt noch unser Sack mit der Schmutzwäsche. Der muss herhalten, um ein paar zusätzliche, wärmere Schichten herauszukramen.

Wir finden ein paar alte, aber brauchbare Unterhemden, die uns etwas Wärme verschaffen, und starten gegen 9:30 Uhr.

Sobald die Sonne hervorkommt, wird es dann aber schnell wärmer – und bergauf sowieso.

Besonders schön: Es ist richtig grün hier, ein angenehmer Kontrast zu den eher kargen Landschaften der letzten Tage.

Von Anfang an begleitet uns das stetige Rauschen des Baches, der immer näher kommt und den wir schließlich immer wieder überqueren müssen.

Zunächst versuchen wir noch, dies trockenen Fußes zu tun, indem wir von Stein zu Stein hüpfen. Doch irgendwann führt kein Weg mehr dran vorbei: Wir müssen mitten hindurch.

Und das Wasser ist wirklich ganz schön kalt. Vor allem, wenn man knöcheltief drinsteht und wartet, dass an einer besonders malerischen Stelle die fremden Personen aus dem Bild gehen und das Fotomotiv frei wird 😉

Wir verstehen jedenfalls jetzt, warum am Eingangshäuschen Neopren-Socken verkauft werden…

Kurz vor dem zweiten Wasserfall wird das Wasser schließlich knietief, und Andreas wechselt von den Wanderschuhen auf Sandalen. In dem Moment merkt er, wie bitterkalt das Wasser wirklich ist – und zögert. Die Versuchung, sich das letzte Stück zu schenken, ist groß.

Doch mit der Aussicht auf einen potentiellen Eintrag im Reisebericht über sein Kneifen überwindet er sich und stapft tapfer weiter 👍.

Nach dem zweiten Wasserfall drehen wir um und nehmen denselben Weg zurück. Unsere Füße sind inzwischen zu Eisklumpen geworden 🥶

Wieder am Parkplatz – nach etwa drei Stunden – ist unsere erste Amtshandlung: nasse Schuhe und Socken ausziehen und aus dem Schmutzwäschebeutel ein paar trockene, warme Wandersocken fischen.

Anschließend setzen wir uns in den überdachten Picknickbereich und essen unsere Sandwiches. Dabei scheint die Sonne – kaum eine Wolke am Himmel. Und trotzdem: Plötzlich fängt es an zu hageln. Was für ein Wetter!


Nach unserer Mittagspause wollen wir eigentlich noch einen Abstecher zum Babylon Arch machen. Doch die Zufahrtsstraße ist gesperrt, ausgebaggert, und große Baumaschinen stehen im Weg. Also lassen wir das lieber.

Wir fahren stattdessen weiter nach St. George – und es beginnt kurz und heftig zu regnen. Vielleicht war es also gar keine so schlechte Entscheidung, den Arch Arch sein zu lassen. Außerdem müssen wir ohnehin noch einkaufen – unsere Vorräte gehen zur Neige.

Erst mal zu Smith’s, das Nötigste besorgen, danach stöbern wir noch ein wenig im „Desert Rat“-Outdoorladen gegenüber.

Gegen 16:00 Uhr sind wir zurück im B&B. Wir packen schon mal ein paar Sachen zusammen, denn morgen wollen wir früh los.


Danach brechen wir noch einmal auf zu dem Trailhead, den Bernie uns gestern gezeigt hat. Laut ihm sieht man dort fast immer Schildkröten.

Wir parken an der Stelle, die er uns empfohlen hat, und spazieren über den Damm – der Einstieg in den Berm Trail.

Und tatsächlich entdecken wir schon nach kurzer Zeit eine Schildkröte – sie ist völlig unbeeindruckt.

Ich knie mich in respektvollem Abstand hin, um sie zu fotografieren. Doch anstatt sich gestört zu fühlen, krabbelt sie direkt auf mich zu – vielleicht aus Neugier oder weil sie den Schatten unter meinen Beinen sucht. Jedenfalls marschiert sie mutig unter mir hindurch. Ich wage kaum, mich zu bewegen, um sie nicht zu erschrecken.

Später überquert sie den Weg und verschwindet im Gestrüpp. Wir folgen ihr langsam weiter. Dann wird es spannend: Sie versucht, in eine kleine, selbstgegrabene Erdhöhle zu kriechen – perfekt geformt für ihren Panzer.

Doch sie bleibt davor stehen. Erst bei genauerem Hinsehen erkennen wir den Grund: Die Höhle ist bereits bewohnt – eine andere Schildkröte sitzt darin. Als „unsere“ das schließlich auch merkt, dreht sie ab und macht sich auf die Suche nach einem neuen Versteck.

Wir gehen weiter, halten die Augen offen – aber das bleibt unsere einzige Begegnung. Auch keine Rattlesnakes, obwohl die hier wohl in den frühen Abendstunden oft auf die Jagd gehen. Aber allein diese eine Begegnung war die kleine Exkursion wert.

Nach etwa einer Stunde sind wir zurück am Auto und fahren direkt zum Abendessen.

Auf meinen ausdrücklichen Wunsch geht es heute zum Inder. Der liegt zwar etwas außerhalb, aber im Gegenzug übernehme ich den Heimweg – kein Problem.

Das Essen ist wirklich gut: Lamm, Hühnchen, Garlic Naan – alles sehr lecker. Die Atmosphäre allerdings gefällt uns nicht ganz so gut. Es ist ziemlich laut, und wir haben das Gefühl, dass alle etwas durchgeschleust werden, damit schnell Platz für die nächsten Gäste ist.

Zurück im B&B duschen wir, packen alles für morgen fertig und räumen schon mal das Auto ein, damit es früh losgehen kann.

Um 22:00 Uhr geht das Licht aus.