USA Südwesten

St. George: Blütenpracht, Lavastein und Scout Cave

Auch heute Nacht hatte unser Zimmer wieder akustischen Besuch: Immer wenn die Klimaanlage ansprang, klang es, als würde ein Güterzug durch unser Schlafzimmer rollen – direkt neben dem Bett. Schlafen bei gleichbleibender Lautstärke wäre ja langweilig 😉.

Andreas lässt sich davon allerdings nicht beeindrucken und schlummert selig durch. Um 6:30 Uhr weckt ihn dann tatsächlich der Wecker – sein Startsignal für die tägliche Fitnessrunde.

Ich bleibe diesmal nicht faul liegen, sondern mache mich in der Zeit ebenfalls nützlich: Unser Sandwich-Brotvorrat ist alle. Also schnappe ich mir die Einkaufstasche und mache einen Morgen-Spaziergang zum nächstgelegenen Smith’s Supermarkt. Frisches Brot, ein paar Snacks und ein kleiner Muntermacher bei Starbucks für mich. Mission erfüllt.

Das Frühstück im B&B ist heute richtig gut: viel frisches Obst, French Toast für Andreas, und noch ein Nachschlag mit frischer Ananas. So kann der Tag starten.

Wäre da nicht ein kleines Technik-Problem: Der Schaden an unserem Mietwagen (die kleine Schramme von neulich) lässt sich online irgendwie nicht melden. Also verbringen wir 30 lange Minuten in der Warteschleife von Hertz, geben dann genervt auf und tippen stattdessen eine E-Mail. Hoffentlich reicht das erst mal.


Gegen 9:00 Uhr starten wir endlich Richtung Snow Canyon State Park – einer weniger bekannten, aber landschaftlich sehr reizvollen Alternative zum berühmten Zion.

Am Eingang zahlen wir 15 Dollar Eintritt und stehen dann vor einem Netz aus Trails, das uns erstmal ein wenig überfordert. Die Auswahl ist riesig. Wir beraten, diskutieren, drehen eine Runde auf dem Parkplatz – und entscheiden uns schließlich für den südlichen Teil.

Unsere Wanderung beginnt am Johnson Canyon Trailhead. Der Johnson Canyon Trail selbst ist leider von März bis September gesperrt – aus Rücksicht auf die dort lebenden Wüstenschildkröten und andere Tiere, deshalb laufen wir erstmal den Scout Cave Trail.

Dieser ist gut markiert – mit schwarzen Lavasteinen, die aussehen, als hätte jemand Riesen-Cornflakes über den Weg gestreut. Auch drumherum sehen wir viele schwarze Lavafelder, Zeugnisse früherer Vulkanausbrüche in der Region.

Aber auch sonst gibt es hier im Canyon viel zu entdecken, zum Beispiel sehr eigenwillige Kakteen, die wir so noch nie gesehen haben – mit Blüten, die aussehen wie kleine Chilischoten. Es handelt sich vermutlich um die Cochemiea tetrancistra, auch bekannt als Common Fishhook Cactus. Eine wüstenangepasste Miniatur mit Hakendornen und auffällig leuchtenden Blüten – ein echter Wüstencharmeur.

Und dann sind da noch die vielen Blümchen – zart, bunt, überraschend vielfältig. Zwischen all dem Lava-Gestein und den stacheligen Gewächsen wirken sie wie kleine Farbtupfer der Hoffnung – oder einfach wie Mutter Naturs liebstes Deko-Konfetti.

Nach etwa einer Stunde erreichen wir die Scout Cave – eine kleine, von oben halbrunde Höhle, die sich in eine Felswand schmiegt wie eine Nische im Amphitheater. Früher wurde sie von einheimischen Ureinwohnern als Zuflucht oder Beobachtungspunkt genutzt, heute bietet sie vor allem Schatten und eine schöne Aussicht ins Tal. Wir setzen uns kurz hinein, lassen die Füße baumeln und genießen den Blick.

Danach geht’s weiter – jetzt wird’s felsiger, mit ein paar kleinen Kletterstellen, die ein bisschen Trittsicherheit erfordern.

Oben erwartet uns ein weiter Blick über das Tal bis nach St. George – sehr lohnenswert!

Nach etwa zwei Stunden endet der Scout Cave Trail offiziell, aber wir sind noch nicht fertig. Der Paradise Rim Trail klingt zu verlockend, um ihn zu ignorieren – also biegen wir nach rechts ab und hoffen auf paradiesische Ausblicke (und vielleicht ja endlich eine Schildkröte?)

Im Paradies keine Schildkröten – schade. Also weiter zur Turtle Wall. Klingt vielversprechend.

Aber auch dort: nix zu sehen. Irgendwann treffen wir wieder auf den Scout Cave Trail und kehren zur Höhle zurück – diesmal für ein zweites, schattiges Päuschen.

Danach machen wir uns auf die letzten drei Kilometer zurück zum Parkplatz. Insgesamt 15 Kilometer zeigt unsere App – eine stolze Strecke bei diesen Temperaturen.

Gegen 16:00 Uhr sind wir zurück am Auto, machen noch eine kleine Ehrenrunde mit dem Wagen durch den Park (die Landschaft ist wirklich traumhaft – rot, grün, schwarz und ocker in allen Schattierungen) und sind gegen 16:30 Uhr zurück in unserer Unterkunft.


Das Nachmittagsprogramm folgt dem bewährten Standard: Duschen, Beine hochlegen, Wasser trinken, ein bisschen dösen.

Um 18:00 Uhr brechen wir wieder auf. Heute Abend sind wir mit Bernie, unserem Wanderfreund aus der Coyote Gulch, zum Abendessen im Cliffside Restaurant verabredet. Ein beliebter Ort mit fantastischem Ausblick auf St. George – und wie sich zeigt: auch mit exzellentem Essen.

Es wird ein richtig schöner Abend. Wir plaudern über unsere gemeinsame Tour, lachen viel, und Bernie überschüttet uns mit Tipps für die Gegend – Wanderungen, Aussichtspunkte, Cafés, geheime Lieblingsplätze. Wir merken schnell: Ein Tag mehr in St. George wäre nicht genug. Beim nächsten Mal müssen wir definitiv länger bleiben.

Als wir ihm von unserer vergeblichen Schildkrötensuche erzählen, hat er gleich einen Insider-Tipp parat: Eine kurze Wanderung, bei der man mit ziemlicher Sicherheit Schildkröten sieht. Nicht nur schickt er uns den Link zum Trail – er fährt uns sogar noch persönlich dorthin, zeigt uns den Trailhead, erklärt den Weg und bringt uns dann mit seinem Ford Bronco bis vor die Tür unseres B&B zurück. So viel Freundlichkeit ist wirklich rührend.

Um 22:00 Uhr machen wir das Licht aus – glücklich, müde und voller schöner Eindrücke von einem rundum gelungenen Tag.