Kanada

Yoho Park

Um 6:15 Uhr klingelt heute der Wecker und schmeißt uns aus den Betten. Da der Wetterbericht für heute den besseren Tag während unseres Aufenthaltes vorhersagt, haben wir uns für den Lake O’ Hara entschieden.

Dieses kleine Paradies, das sich im Hinterland des Yoho National Park verbirgt, ist aufgrund seiner Unzugänglichkeit und durch Restriktionen seitens der Parkverwaltung täglich nur relativ wenigen Besuchern vorbehalten.

Ich hatte im April ein glückliches Händchen und konnte zwei Permits für die Busfahrt mit streng limitierten Sitzplätzen ergattern. Das ist normalerweise gar nicht so einfach, denn nach der Freischaltung im Internet sind die Tickets meist in Sekundenschnelle weg.

Man kann zwar auch ohne den Shuttle-Bus — und somit ohne Permit — zum Lake O’ Hara gelangen, muss aber dafür einen zusätzlichen Fußmarsch von 12 Kilometer auf der Access Road zurücklegen, die ordentlich bergauf führt und landschaftlich wenig reizvoll ist. Das lohnt sich eigentlich nur, wenn man oben übernachten will, da man sonst für den Alpine Circuit Trail nicht mehr genug Zeit hat.

So sind wir happy über unsere Tickets und beeilen uns, um den Bus nur ja nicht zu verpassen. Wenn man nicht 20 Minuten vor Abfahrt da ist, verfallen nämlich die Tickets und werden an Walk-Ins vergeben.

Wir braten uns ein paar schnelle Omeletts und sitzen um 7:45 Uhr im Auto auf dem Weg zum Shuttle-Bus.


Pünktlich eine halbe Stunde vor Abfahrt sind wir da, packen unseren Tagesrucksack und füllen die Trinkblasen.

Der Bus füllt sich nach und nach und wir bekommen von einer Rangerin noch Erläuterungen zum Gebiet des Lake O’ Hara.

Sie bittet uns alle sehr ausdrücklich darum auf den Wegen zu bleiben, da sonst — insbesondere nach dem vielen Regen der letzten Tage — die Pflanzen zerstört werden, die hier eh nur 30-40 Tage im Jahr Zeit zum Wachsen haben.

Sie meint, sie wolle unsere Schuhe schlammig sehen, wenn wir wieder in den Bus nach unten einsteigen wink

Eine knappe halbe Stunde dauert die Fahrt und gegen 9:00 Uhr kommen wir am Le Relais Day Shelter an.

Hier kann man nochmal einen Tee oder Kaffee trinken und die Restrooms benutzen.

Und als besonderen Service kann man sich hier aus einem Pool abgelegte Wanderstöcke ausleihen.

Nicht unbedingt HighEnd, aber unter Umständen hilfreich für die heiklen Stellen, die es unterwegs geben soll.

Und natürlich wird — wie an allen Trailheads — auch hier vor Bären gewarnt.

Wahrscheinlich werden wir aber eh wieder keinen sehen. Andreas vertritt ja inzwischen die Theorie, dass es hier überhaupt gar keine Bären gibt, sondern dass das nur ein Gerücht ist, was die Hersteller des mega-teuren Bärensprays in die Welt setzen, um ihre Produkte zu verkaufen wink


Wir haben uns den Alpine Circuit Trail vorgenommen und gehen ihn im Uhrzeigersinn an, damit wir den steilen Anstieg gleich am Anfang hinter uns bringen. Nach einem ersten Wow-Blick auf den See stapfen wir los.

Die 500 Höhenmeter hinauf zum Wiwaxy Gap haben es echt in sich und ich bin ordentlich am Kämpfen. Aber die Sicht zurück auf den Lake O´ Hara und den kleineren Mary Lake ist grandios und wir bleiben immer wieder stehen, um ein Foto davon zu machen (was natürlich auch immer eine Gelegenheit zum Verschnaufen ist wink)


Nach 90 Minuten haben wir den Anstieg zum Wiwaxy Gap geschafft und mit 2530 Meter den höchsten Punkt der Wanderung erreicht. Wir haben uns eine Verschnaufpause verdient, die aber aufgrund des kalten Windes nicht besonders lang ausfällt.

Nun folgt ein etwas heikles Stück — die Huber Ledges. Wir steigen entlang des Steilhanges zum Oesa Lake hinab, laufen dabei über rutschiges Geröll und müssen höllisch aufpassen, wohin wir treten, weil es auf jeder Seite sehr steil und sehr weit hinab geht. Meine Knie sind teilweise ganz schön wackelig — Höhenangst ist auf diesem Teilstück nicht unbedingt von Vorteil…


Vom Oesa Lake geht es weiter zum Opabin Plateau. Der Weg verläuft nach wie vor zu großen Teilen über Geröllfelder, die das Gehen anstrengend machen, aber es ist jetzt deutlich einfacher, da keine größeren Höhenunterschiede mehr zu bewältigen sind.

Am Obapin Lake fängt es dann leider an zu regnen und wir holen unsere Regenjacken heraus. Nach mehrfachem lauten Donnern denken wir erst, dass es jetzt auch noch zu gewittern anfängt — aber es ist nur eine abgehende Mini-Lawine und wenig später wird auch das Wasser von oben wieder abgestellt.

Unterwegs immer wieder die tollen Blicke auf den blauen Lake O’Hara und den grünen Mary Lake daneben:

An der Abzweigung zum Schäffer Lake beschließen wir dann, den Loop etwas abzukürzen, da wir sonst den 16:30 Uhr Shuttle-Bus nicht mehr schaffen würden und der nächste erst zwei Stunden später fährt.

Als wir schließlich wieder am Lake O’ Hara ankommen, kommt doch tatsächlich noch die Sonne heraus. Das hätte sich die Gute aber auch gerne mal 1-2 Stunden früher überlegen können. Aber wir wollen uns mal nicht beschweren. Im Gegensatz zu gestern war das wettertechnisch eine Steigerung um 100% thumbsup.

Gegen 16:00 Uhr sind wir am Le Relais De Shelter zurück und genehmigen uns dort noch einen leckeren Carot Cake und einen Kaffee bis der Bus kommt. Wir sind etwas kaputt und ich nicke bei dem Geschunkel auf der Rückfahrt doch tatsächlich kurz ein…


Als wir wieder am Parkplatz ankommen, scheint die Sonne immer noch — na klar, sie muss ja noch die vier Stunden voll machen, die der Wetterbericht versprochen hat. So beschließen wir dies noch auszunutzen, denn die Aussichten für morgen sind wieder mehr als bescheiden…

Auf der Yoho Valley Road geht es deshalb nun zu den Takakkaw Falls. Schon auf der Anfahrt ist das grandiose Naturschauspiel zu sehen. Die vierstufigen, mit 380 Metern Falltiefe zweithöchsten Wasserfälle Kanadas werden aus dem Schmelzwasser des Daly Gletschers gespeist.

Vom Parkplatz führt ein kurzer Wanderweg über eine Brücke des Kicking Horse River direkt vor die Takakkaw Falls, wo man eine kostenlose Dusche genießen und tolle Regenbogen bewundern kann.

Auch den Cathedral Mountain kann man von hier aus ganz toll sehen:


Zurück auf Yoho Valley Road halten wir noch kurz am Meeting of the Waters, wo der Kicking Horse River und der Yoho River zusammenfließen:


Einen Stopp an den Spiral-Tunnels schenken wir uns, denn ohne Züge gibt es hier quasi nix zu sehen und wir wollen nicht warten bis einer kommt. Da nutzen wir lieber die letzten Sonnenstrahlen und fahren noch weiter zum Emerald Lake.

Auf dem Weg dahin halten wir kurz an der Natural Bridge. Hier hat der reißende Kicking Horse River ein Loch in den Kalkstein gefressen und diesen ausgehöhlt:

Kurze Zeit später erreichen wir den auf 1300 Metern gelegenen, smaragdgrünen Emerald Lake und kommen gerade noch rechtzeitig für ein paar Fotos im Abendlicht. Wir setzen uns ans Ufer und genießen den idyllischen Anblick, bis die Sonne hinter den Bergen verschwindet.

Zurück in Field besorgen wir noch fix Eier und Butter an der Tanke, sparen uns heute das Dinner und kochen stattdessen Pasta.

Gegen 22:00 Uhr knipsen wir das Licht aus, damit wir morgen wieder früh starten können.