Kanada

Maligne Canyon, Maligne Lake, Moose Lake

Mit der einen Stunde Zeitverlust von gestern fällt das Aufstehen heute wieder etwas schwerer, aber da es das Frühstück wie in den meisten B&B erst um 8:00 Uhr gibt, ist das gar nicht weiter schlimm.

Und als wir aus dem Fenster schauen, wird schnell klar, dass wir uns heute eh nicht sonderlich beeilen müssen. Der Himmel sieht ziemlich trostlos aus: ein einziges einförmiges Grau ohne jegliche Kontur, aus dem es heraus regnet, was nur geht. Na da schau’n wir doch mal, wie sich das im Laufe des Tages noch entwickelt…

Aber zuerst mal widmen wir uns dem Frühstück. Es gibt hier im B&B zwar nur ein Continental Breakfast — Jill erklärt uns, dass es in der Stadt Jasper nicht erlaubt sei, in privaten B&B’s ein warmes Frühstück zu servieren — dieses ist aber dafür richtig gut und mit Liebe gemacht.

Es gibt u.A. dreierlei verschiedenes, selbstgebackenes Brot: eine Art Früchtebrot mit Cranberries und Walnüssen, Käse-Croissants, Riesen-Muffins und irgendwas mit Ingwer — alles sehr lecker.


Um 8:40 Uhr sind wir pappsatt und abmarschbereit. Draußen regnet es Bindfäden. Was tun? Der erste Gang führt uns zum Outfitter, um eine Regenhose für mich zu kaufen — das wollten wir sowieso tun, wann wäre also eine bessere Gelegenheit als jetzt? Der Laden hat aber leider noch zu und wann er aufmacht, steht auch nicht draußen dran. Na gut, dann kaufen wir halt einen Regenschirm im Souvenirladen nebenan — das einzige Geschäft, was um diese Zeit schon geöffnet ist wink

Zehn Minuten später kommen wir am Parkplatz zum Maligne Canyon an.

Wenigstens sind bei dem Wetter nicht ganz so viele Leute da…

… denken wir …

… aber weit gefehlt.

Der Parkplatz ist rappelvoll und noch dazu wurden offenbar gerade eben zwei Busladungen voller laut artikulierender Asiaten hier abgesetzt, die Selfies in allen Posen und Kombinationen machen und mit ihrem Geschnatter sogar das Rauschen der Klamm übertönen.

Aber wir lassen uns die Laune davon nicht verderben und versuchen einfach, diese „Nebengeräusche“ auszublenden.

Der Wanderweg schlängelt sich entlang des Canyon und kreuzt dabei sechs mal den Fluss, der ca. 50 Meter tiefer durch die enge Schlucht tost.

Die spektakulärsten Eindrücke hat man von den ersten beiden Brücken aus:

Und als wir diesen Bereich verlassen und uns auf den Weg in Richtung fünfte Brücke an der imposanten Klamm begeben, wird es deutlich ausgedünnter.

Irgendwann auf dem Weg zur sechsten Brücke sind dann so wenige Leute unterwegs, dass theoretisch sogar Chancen auf Wildlife-Sichtungen bestehen.

Leider bleibt es aber bei der Theorie — außer einem einzigen Red Squirrel läuft uns keinerlei Getier über den Weg.

Dafür wird es von oben langsam trockener und es sieht danach aus, als könnte das wettermäßig doch noch ein halbwegs passabler Tag werden.

Nach knapp drei Stunden sind wir gegen 12:00 Uhr wieder am Parkplatz angekommen. Mittlerweile hat es komplett aufgehört zu regnen und so machen wir uns auf den Weg zum Maligne Lake.

Ganz optimistisch sieht der Himmel zwar noch nicht aus, aber wir fahren einfach mal los — die Landschaft hier ist ja auch bei suboptimalem Wetter traumhaft — und schließlich gibt es ja kein wirklich schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung…


Als wir am Medicine Lake vorbeikommen, können wir noch sehr deutlich die Auswirkungen der Waldbrandes vom letzten Jahr sehen. Im Juli durch einen Blitzeinschlag ausgelöst, wurden dabei fast 1000 Hektar Wald verbrannt.


Gegen 13:00 Uhr kommen wir am wunderschönen Maligne Lake an. Der See liegt auf einer Höhe von 1670 Metern und ist bis zu 100 Meter tief. Seine tolle Farbe verdankt er dem Schmelzwasser, das aus einem Gletscher und dem Athabasca River stammt.

Aber wir sind natürlich nicht nur wegen dem See gekommen, sondern vor allem wegen der kleinen Halbinsel Spirit Island — ein beliebtes Fotomotiv, was durch einen Fotowettbewerb von Kodak berühmt geworden ist.

Man kann Spirit Island nur mit dem Boot erreichen und genau das haben wir heute vor. Die Bootsfahrten sind zwar nicht unbedingt billig und angesichts der Wetteraussichten (mittlerweile regnet es wieder leicht) hätten wir uns normalerweise zweimal überlegt, ob wir uns dieses Vergnügen gönnen. Aber da Andreas dieses Jahr zum Geburtstag zwei Explorer Pässe bekommen hat, brauchen wir nur unsere Voucher einzutauschen.

Wir bekommen Plätze auf dem Boot um 13:45 Uhr und haben so noch Zeit, eine Runde durch den Souvenirshop zu bummeln und im SB-Restaurant ein Süppchen zu essen.

Beim Essen haben wir eine nette Begegnung mit zwei Kaliforniern. Sie sitzen am Nebentisch und haben an ihren Wasserflaschen recht spezielle Halterungen, mit denen man die Flaschen beim Wandern an den Gürtel klippen kann. Wir haben ja schon einige solcher Halterungen gesehen, aber diese sind irgendwie speziell und Andreas fragt den Mann danach. Er erklärt, dass sie diese Halterungen in einem Laden in Kalifornien verkaufen und als Andreas sich begeistert zeigt, macht er die Halterungen von den Flaschen ab, reicht sie uns und meint „It’s yours“.

Wir sind ganz baff und können uns nur bedanken. Solche netten Gesten erleben wir immer wieder in Amerika bzw. Kanada.


Pünktlich als wir das Boot besteigen, hört es auf zu regnen, so dass wir unterwegs viele tolle Ausblicke genießen können. Zwar hängen die Wolken noch recht tief, aber das sieht über den Bergen und Gletschern teilweise richtig toll aus.

Die 40-minütige Fahrt nach Spirit Island ist auch echt kurzweilig. Ein Guide erzählt unterwegs interessante Fakten über den Maligne Lake, die Umgebung und die Tiere, die hier leben.

So sind wir z.B. ganz erstaunt, als er berichtet, dass Anfang des 20. Jahrhundert im bis dahin toten See Fische eingesetzt wurden, was zu einem Rückgang der Mountain Goat Population geführt hat. Diesen Zusammenhang kann sich zunächst niemand erklären, bis er die Auflösung bekannt gibt: Die Fische lockten vermehrt Greifvögel an, die dann allerdings nicht nur auf Fische aus waren, sondern sich auch teilweise an den kleinen Ziegen „vergingen“.

An der Anlegestelle von Spirit Island bewaffnen wir uns mit der Kamera und haben jetzt etwa 20 Minuten Zeit für das „perfekte Foto“ wink.

Auch wenn wir dieses Fotomotiv schon oft auf Bildern gesehen haben, so ist es mit eigenen Augen noch beeindruckender und bleibt ein unvergessliches Erlebnis. Und wir haben dabei totales Glück mit dem Wetter. Während der gesamten Bootsfahrt blieb es schon trocken und als wir jetzt an Land sind, kommt sogar ganz kurz die Sonne heraus.


Exakt 90 Minuten nach Besteigen des Bootes haben wir wieder festen Boden unter den Füßen und wollen uns noch ein bisschen bewegen, bevor wir den Maligne Lake wieder verlassen. Dazu erscheint uns der kurze Trail zum Moose Lake gerade recht, zumal der Guide auf der Bootstour erwähnte, dass man dort sehr häufig Elche sehen könne.

Eine reichliche Stunde sind wir unterwegs, leider ist aber weit und breit kein Moose zu sehen. Dafür scheint die Sonne etwas und es sind kaum Leute unterwegs, so dass es ein richtig netter Spaziergang wird.


Als wir wieder zurück am Parkplatz sind, haben wir unser Wanderpensum für heute erfüllt und entledigen uns der qualmenden Socken. Und pünktlich mit dem Anlassen des Motors öffnet auch der Himmel wieder seine Schleusen.

Für die Fahrt nach Jasper ist uns das jetzt aber egal. Nachdem wir auf dem Boot heute auch erfahren haben, dass es hier mittlerweile mehr Caribou-Schilder als Caribous gibt, müssen wir ja unterwegs auch nicht mehr nach Wildlife Ausschau halten wink

Gegen 18:00 Uhr sind wir wieder in Jasper angekommen, sind frisch gemacht und ausgehfertig. Zum Essen landen wir heute in der Jasper Brewery, was ganz nach Andreas Geschmack ist. Er bestellt sich ein „kleines“ Bier und ich bekomme die zweite Margarita des Urlaubs.

Danach teilen wir uns eine Riesenportion Nachos, bummeln im Anschluss noch durch die Souvenirläden von Jasper und verplaudern die Zeit im B&B mit den neu angekommenen Gästen aus Calgary, bis es auf einmal schon fast Mitternacht ist.